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Hospiz Initiative Leer

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Der Totensonntag ist vorüber und die Weihnachtszeit kann beginnen. Doch was ist der Totensonntag eigentlich? Der Totensonntag, auch Ewigkeitssonntag, ist ein Gedenktag an die Verstorbenen, an unsere Liebsten, die nicht mehr unter uns sind. Zurückzuführen ist dieser Sonntag auf König Wilhelm III. von Preußen im neunzehnten Jahrhundert. Er führte den Gedenktag 1816 ein. Über den genauen Grund ist man sich nicht sicher, da es im umliegenden Zeitraum mehrere Geschehnisse gab, die ihn zu dieser Entscheidung gedrängt haben könnten. Der König könnte den Gedenktag zum Gedenken an die verstorbene Königin Luise als auch zum Gedenken der gefallen Soldaten während der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 begründet haben. Während über den Grund nur spekuliert werden kann, ist das Datum fest. Der Totensonntag ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr, folglich der Sonntag vor dem 1. Advent. Uns ist aufgefallen, dass im Zeitraum des Totensonntags das Thema Tod ausnahmsweise normalisiert zu sein scheint, aber davor und danach irgendwie ein Tabuthema. Aber ist der Tod nicht ständiger Bestandteil unseres Lebens? Wir werden geboren, um ein erfülltes Leben zu haben und am Ende zu sterben. Wir haben uns mit Frau M. Bakker getroffen, um mehr über die Hospizarbeit zu erfahren. Sie ist Koordinatorin der Hospiz Initiative Leer und hat uns die Begleitung auf dem letzten Weg und bei der Trauerverarbeitung nähergebracht.

Frau Bakker, seit wann gibt es die Hospiz Initiative Leer und was steckt dahinter?

Die Hospiz Initiative gibt es seit 1999. Das stationäre Hospiz Huus wurde 2009 eröffnet. Seinen Ursprung haben die Hospize im Mittelalter, wo sie Herbergen für Reisende waren. Erst 1967 wurde in London von Cicely Saunders das erste Hospiz, wie wir es heute kennen, gegründet. Hinter unserem Hospiz Huus steckt die umfassende (palliativ pflegerische, medizinische und psychosoziale) stationäre Begleitung von schwer kranken Menschen. Ebenso gehört zu unserer Arbeit die ambulante Betreuung des sterbenden Menschen zuhause und die Trauerbegleitung.

Wie läuft eine ambulante Hospiz Hilfe denn ab?

Zuerst einmal lässt sich klar sagen, dass kein „Einsatz“ wie der andere ist. Die Menschen, mit denen wir arbeiten, sind unterschiedlich, die Umstände sind unterschiedlich, unsere Arbeitsbereiche sind unterschiedlich. Man muss sich jedes Mal neu anpassen. Wenn bei uns ein Anruf ankommt, treffen sich die Koordinatoren, wie ich, das erste Mal mit den Beteiligten. In einem Gespräch wird dann erfasst, wo und was für Unterstützung die Betroffenen benötigen. Daraufhin wird dann einer der 90 Ehrenamtlichen, welche alle eine Ausbildung haben, ausgesucht, der am besten zu der Familie zum Beispiel passt. Die Kriterien dafür erschließen sich aus vielen verschiedenen Faktoren wie dem Alter, Beruf, Charakter. Die Ehrenamtlichen machen dann die weiteren Termine mit der Familie. Je nach Wunsch geht es um die Hilfe für die Familie oder aber für den erkrankten Patienten. In erster Linie sind sie aber als psychosoziale Unterstützung da, das heißt sie hören vor allem einfach nur zu. Das Zuhören ist die wichtigste Sache bei dieser Arbeit. Die Aufgaben ergeben sich dann auch aus den Bedürfnissen der Familie und des Patienten. Es kann die Gesellschaft für den Erkrankten sein, also das man Zeit mit dem Patienten verbringt, damit die Angehörigen ruhigen Gewissens einkaufen gehen können oder aber das man etwas mit den Erkrankten macht, wie zum Beispiel einen Spaziergang oder ein Gespräch bei einer Tasse Tee führt. Manchmal kommen in einer Begleitung auch zwei Ehrenamtliche zum Einsatz, zum Beispiel wenn in der Familie eins von zwei Kindern erkrankt ist. Dann kommt z.B. einmal die Woche ein Ehrenamtlicher, der sich nur um das gesunde Kind kümmert, damit auch dieses einen Moment die totale Aufmerksamkeit bekommt, da es nicht selten zurück steckt für seine Geschwister. Unsere Ehrenamtlichen sind immer für die Familie da, sowohl wenn der Erkrankte wieder gesund wird oder aber wenn der Erkrankte verstirbt. Neben der Hilfe und einem offenen Ohr schenken wir aber vor allem Zeit und Aufmerksamkeit.

Wie kann man sich einen stationären Hospiz Aufenthalt vorstellen?

In unserem Hospiz Huus haben wir zwölf Zimmer. In erster Linie sind die Plätze vor allem für Patienten, welche zuhause nicht gepflegt werden können, da sie allein wohnen oder die Angehörigen nicht in der Lage sind, sich Tag und Nacht zu kümmern, weil sie z.B. arbeiten müssen. Die Zimmer sind alle groß und verfügen über eine Terrasse, auf welche sogar ein Bett geschoben werden kann. Den Angehörigen ist es möglich, mit im Zimmer zu schlafen oder aber im Neubau in einem Extrazimmer. Im Hospiz Huus ist niemand allein. Dort arbeiten alle zum Wohle der Patienten zusammen.

Haben alle Ehrenamtlichen eine Ausbildung?

Ja, alle der derzeit 90 aktiven Ehrenamtlichen haben eine Weiterbildung. Entweder zur Hospizbegleitung oder auch zur Trauerbegleitung. Ohne eine Weiterbildung kann man bei uns gar nicht arbeiten. Während dieser Weiterbildung werden die Menschen auf das vorbereitet, was auf sie zukommen wird. Bemerkenswert ist vor allem, dass viele Ehrenamtlichen neben ihrer normalen Arbeit als Hospizmitarbeiter unterwegs sind. Sie schaffen es Arbeit, Hospiz Arbeit und Privates unter einen Hut zu bringen.

Und wie läuft die Trauerarbeit ab?

Bei der Trauerarbeit bieten wir zum einen Einzelbegleitungen an und Trauergruppen. Unser Angebot für Trauergruppen ist sehr vielfältig, so haben wir Gruppen für Trauer in Bewegung, Kreativgruppen, Jugendgruppen, Kindergruppen, einen Männertreff, Elterngruppen und vieles mehr. Wir lassen jedem seinen Freiraum und zwingen niemanden zum Reden. Man kann nur die Gemeinschaft genießen oder reden, wenn man sich dafür bereit fühlt. Vielen hilft der Austausch mit Menschen, die Ähnliches erfahren haben, sehr. Wir stehen jedem jederzeit zur Verfügung, wenn er Hilfe sucht beim Trauern und das ehrenamtlich.

Wie finanzieren Sie sich denn dann?

Alle Gelder, die in die Trauerarbeit fließen stammen zu hundert Prozent aus Spenden. Die ambulante Hospizarbeit wird über Spenden finanziert und von den Krankenkassen gefördert. Der stationäre Hospizaufenthalt wird zum großen Teil von den Kranken- und Pflegekassen bezahlt. Das Hospizhuus selbst muss 5 % des Tagessatzes durch Spenden aufbringen. Der Gast zahlt keinen Eigenanteil.

Betreiben Sie auch Öffentlichkeitsarbeit?

Natürlich. Wir bieten Führungen durch unsere Gebäude und Vorträge zu unserer Arbeit an. Wir wollen das Thema Tod der Gesellschaft näherbringen, da es ein natürlicher Bestandteil unseres Lebens ist. Zudem arbeiten wir mit Schulen zusammen im Rahmen unserer Projekte „Hospiz macht Schule“, für die dritten und vierten Klassen, sowie „Let’s talk about death“ für die achten bis zehnte Klassen. Bei den Jüngeren kommen wir für eine Woche in die Schulen. Die älteren Schüler und Schülerinnen kommen für drei Tage zu uns in die Hospiz- Initiative, wo wir ihnen unsere Arbeit vorstellen und mit ihnen über dieses Thema reden. Darüber hinaus organisieren wir öffentliche Veranstaltungen wie z.B. Lesungen, Informationsabende zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, sind auf Messen, z.B. der Ostfrieslandschau oder dem Wiehnachtsmarkt achter d`Waag, mit einem Stand vertreten.

Was bewegt Sie dazu im Hospiz zu arbeiten?

Ich finde meine Tätigkeit sehr sinnstiftend. Die Arbeit mit Menschen in dieser besonderen Situation ist für mich sehr bereichernd. Man erlebt ständig etwas anderes und lernt viel Beeindruckendes kennen.

Eine letzte Frage: Wie gut können Sie berufliches und privates trennen?

Während unserer Arbeit verbrauchen wir viel Kraft, die wir den Menschen aber gerne geben. Deshalb ist es wichtig, für einen guten Ausgleich in der Freizeit zu sorgen. Ich zum Beispiel mache Sport, um neue Kraft tanken zu können. Zudem haben wir hier einen Arbeitskreis und Supervisionen, in denen wir über das, was uns bei unserer Arbeit bewegt, reden können und uns austauschen können.

Die Hospiz Initiative, die wir hier in Leer haben leistet großartiges. Deren Arbeit ist so wichtig für unsere Gesellschaft, aber bekommt viel zu wenig Aufmerksamkeit. Deren Motto DEN TAGEN LEBEN GEBEN ist für uns alle wichtig. Bei dem Gespräch mit Frau Bakker habe ich bemerkt, wie viel Wahres in diesem Spruch liegt. Wir sollten die Tage mit unseren Liebsten ausnutzen, bevor Chancen dafür nicht mehr da sind.

Von links zu sehen: Jutta Röttgers, Martina Bakker (Koordinatorinnen), Marlies Smidt, Frauke Mohwinkel (Vorstand)
Dies zum Beispiel ist der neue Werkraum
Gemütliche Sitzecken zum Zurückziehen findet man auch überall
Insgesamt gibt es viele verschiedene Räume zum Auspowern, Kreativsein und sich Zurückziehen

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