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Zwischen Klassenraum und Tagungssaal

Wir haben ein spannendes Interview mit Luzie R. durchgeführt, die neben der Schule nun auch als Abgeordnete im Kreistag des Landkreises Leer tätig ist.

 

Frage: Seit wann bist du Abgeordnete im Kreistag des Landkreises Leer?

Antwort: Ich wurde bei der letzten Kommunalwahl mit über 900 Direktstimmen gewählt. Offiziell bin ich seit November letzten Jahres Abgeordnete, auch wenn die Arbeit schon vorher begonnen hat.

 

Frage: Wie bist du Abgeordnete im Kreistag des Landkreises Leer geworden?

Antwort: Ich bin bereits seit Jahren aktiv bei der Partei die Grünen. Ich sitze im Ortsvorstand, habe die Grüne Jugend geleitet und bin auch sonst aktiv bei Wahlkämpfen oder Versammlungen dabei gewesen. Als die Listen für die Kommunalwahlen dann aufgestellt werden sollten, hatte ich überhaupt nicht die Intention, in einen Rat zu kommen. Ich mache ja bald mein Abitur und das wird eine stressige Zeit werden und danach werde ich ja auch gehen, deswegen hat das nicht viel Sinn gemacht. Wie ein Blitzgedanke habe ich mich dann aber doch beim Treffen für fast den allerletzten Platz gemeldet. Ich dachte, dass da die Chancen sehr gering wären, gewählt zu werden. Ich habe die Direktstimmen wohl unterschätzt. Wahrscheinlich kannten mich doch mehr über Zeitungsartikel und durch Fridays For Future oder Ähnliches. Oder sie fanden es einfach toll, dass ein junges Mädchen Interesse an der Politik hat. Der Wahlabend war auf jeden Fall super aufregend und auch wenn ich erst in Panik und Verzweiflung ausgebrochen bin, kann man sich über so viele Stimmen doch echt freuen.

 

Frage: Warum möchtest du dich in der (Kommunal-)Politik engagieren? Was sind deine Ziele/ Pläne?

Antwort: Mein Hauptinteresse in der Politik war schon immer der Klimaschutz. Das ist ja sowieso irgendwo mein Hobby und war auch der Grund, weshalb ich bei den Grünen eingetreten bin. Mit Fridays For Future zusammen hatten wir uns damals den Landkreis Leer genauer angeschaut und schon damals Gespräche mit dem Landrat geführt. Gerne würde ich natürlich die Ideen und Ergebnisse aus diesen Gesprächen jetzt umsetzen.

Was mir jetzt aber aufgefallen ist, ist, wie schön Kommunalpolitik sein kann, weil es eben Kommunalpolitik ist. Es geht um reale, greifbare Dinge, die teils aus dem Fenster zu beobachten sind. Wir reden da über Straßen, die ich täglich fahre, Parks, in denen ich als Kind gespielt habe und natürlich auch über das UEG. Das ist wahnsinnig spannend.

 

Frage: Welche Aufgaben gehören zu deiner Tätigkeit als Abgeordnete?

Antwort: Primär bin ich natürlich Repräsentantin des Volkes, genauer meiner Wähler*innen. Dessen Interessen und Wünsche soll ich in die Politik bringen und dort ausdiskutieren. Das ist so das Theoretische. Es ist wirklich selten, dass Wähler*innen auf einen zukommen mit Beschwerden oder ähnlichem, auch wenn es mir jetzt schon des Öfteren passiert ist.

Ich sitze in dem Kreisentwicklung-Umwelt-Natur-Verkehr-Klima (KUNVK) Auschuss und in dem Auschuss für Gleichstellung, Familienförderung und Migration. Das sind also so die Hauptthemen mit denen ich mich befasse. Der KUNVK Auschuss tagt so ein Mal im Monat, da war ich nun schon zwei Mal. Man kriegt vorher alle Unterlagen zugemailt, befasst sich damit, spricht mit seiner Fraktion (den anderen Abgeordneten aus meiner Partei) und mit seiner Gruppe (Koalition mit SPD und Linke) über mögliche Anträge oder sonstige Punkte auf der Tagesordnung. Selbst kann man auch Anträge schreiben (zum Beispiel könnte ein Antrag sein, alle Dächer mit Photovoltaik auszustatten). Da ich noch nicht so viel Erfahrung habe und die Wahlperiode gerade angefangen hat, habe ich aber noch keine gestellt. Ich höre meist zu, frage kritisch nach und berichte meiner Fraktion, die zumeist mehr Erfahrung hat als ich und mich da etwas lenkt. Der Auschuss für Gleichstellung, Familienförderung und Migration hat zum Beispiel noch gar nicht getagt. Der tagt erst im März aber ich bin gespannt.

Es gibt damit monatliche Fraktionssitzungen, Gruppensitzungen, Auschussitzungen und ein mal im Monat tagt noch der Kreistag, in dem alle Abgeordneten sitzen. Pro Woche habe ich damit mindestens eine Sitzung, die mindestens zwei Stunden geht ohne Vorbereitung. Dazu kommen auch noch Veranstaltungen wie Preisverleihungen oder Workshops oder ähnliches. Samstag bin ich z.B. sechs Stunden auf einer Fraktionsklausurtagung.

 

Frage: Wie kommst du damit zurecht neben der Schule viel Zeit in die Politik zu investieren?

Antwort: Um ehrlich zu sein, ist es super anstrengend. Ich musste leider andere Beschäftigungen einstellen, um alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Ich kann froh sein, dass für diese Wahlperiode beschlossen wurde, dass alle Ausschüsse erst ab 17 Uhr tagen sollen, sonst hätte ich oft gar nicht teilnehmen können. Ich bin auch gespannt, wie die nächste Klausurenphase und erstrecht das Abitur wird.

Die vielen Treffen sind das eine, das gedankliche Auseinandersetzen und Dabei-Sein das andere. Es erfordert wirklich strenges Zeitmanagement, um alles zu schaffen. Dinge nach hinten zu schieben, gibt es so nicht. Aber ich bin gerade auch noch in der Phase, in der man alles kennenlernt. Das ist immer anstrengend. Ich bin einfach dankbar, wie sehr mich Lehrer*innen und andere Abgeordnete und Parteimitglieder unterstützen. Ich denke, dass in den kommenden Jahren immer mehr dafür getan wird, dass sich junge Menschen in der Politik engagieren können und das immer leichter fallen wird.

 

Frage. Könntest du dir deine berufliche Zukunft in der Politik vorstellen?

Antwort: Darüber habe ich logischweise schon sehr lange und besonders in letzter Zeit intensiv nachgedacht. Ehrlich gesagt denke ich, dass Politik immer ein Hobby von mir bleiben wird. Natürlich möchte ich für die Dinge kämpfen, an die ich glaube und Gleichberechtigung und Klimaschutz stärken, aber Politik kann auch wirklich anstrengend werden. Beruflich bin ich eher an Dingen interessiert, die sich damit befassen, Menschen wirklich persönlich und direkt zu helfen. Aber das ist eine rein persönliche Interessensfrage. Wahrscheinlich werde ich immer parallel in der Politik aktiv bleiben.

 

Frage: Was würdest du jungen Menschen raten, die sich politisch engagieren möchten?

Antwort: Tut es. Mich politisch zu engagieren, hat mich in so vielen Bereichen weitergebracht, auch wenn es manchmal anstrengend war. Es ist ein super tolles Hobby, in dem man sich und seine Interessen, aber auch seine Fähigkeiten besser kennenlernt. Man lernt andere Menschen kennen, tauscht sich aus, bildet sich weiter und entwickelt sich. Natürlich ist auch die Anerkennung ein sehr schöner Punkt. Die Politik hat mich wirklich zu einem reiferen und vielleicht auch disziplinierteren Menschen gemacht und ich bin unfassbar dankbar für all die Erfahrungen und Erfolge, die ich schon sammeln durfte. Es lohnt sich immer, für das einzustehen, was man für richtig hält.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

richterhp

v.l. Herr Claus-Peter Horst (Bürgermeister von Leer), Luzie R., Julian Pahlke (Mitglied des Bundestags für Leer)