Interview mit dem Gewinner des Bundeswettbewerbs "Künstliche Intelligenz"

 

Im Rahmen des Bundeswettbewerbs "Künstliche Intelligenz" waren im Frühjahr 2022 Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen dazu aufgerufen, alleine, im Team mit bis zu vier Personen oder als Klassengemeinschaft ein eigenes KI-Projekt zu entwickeln – und damit beispielsweise einen gesellschaftlichen oder ökologischen Beitrag zu leisten. Nach der Einreichung der Projektideen Mitte Mai hatten die Jugendlichen ein halbes Jahr Zeit, diese umzusetzen. Zehn Teams qualifizierten sich für das Finale am 14. Oktober und hatten die Chance ihre Projekte in Tübingen selbst der Jury zu präsentieren und damit zu begeistern.

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David in Tübingen bei der Präsentation seines Projektes; Copyright: Fotostudio Ale Zea

 

Beim Finale des 4. Bundeswettbewerbs für Künstliche Intelligenz (BWKI) in Tübingen traten die zehn Teams dann mit ihren eingereichten KI-Projekten an. Von Fake News-Filtern, Sprachübersetzungs-Apps bis hin zur chemiefreien Unkrautbekämpfung durch Drohnen-Spotting – für die Jury war die Auswahl aus der Bandbreite an Anwendungen keine leichte Entscheidung.

Der mit 1.500 Euro dotierte Hauptgewinn ging in diesem Jahr an den 18jährigen UEG-Schüler David R.. Er hat einen Algorithmus entwickelt, der bei der Analyse von weißen Blutzellen hilft und dabei sehr genaue Ergebnisse erzielt und ohne teure Analysegeräte auskommt. So können Diagnosen und Medikationen zielgenau vom Arzt vorgenommen werden, egal ob in entlegenen Regionen der Welt mit geringer medizinischer Infrastruktur oder in Arztpraxen bei uns, ohne auf ein Laborergebnis warten zu müssen. Alles was der Arzt benötigt, ist ein Handymikroskop und eine Internetverbindung oder einen PC. Dies kann genutzt werden bei der Erkennung von Viruserkrankungen wie Affenpocken oder von HIV.

David erhält neben dem Preisgeld einen Praktikumsplatz bei der Firma Fanuc, zudem wird er bei seinem kommenden Studium durch ein Stipendium unterstützt.

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kurz vor der Preisverleihung; Copyright: Fotostudio Ale Zea

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David im Interview; Copyright: Fotostudio Ale Zea

 

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auch bekannte Gesichter waren dabei - hier sehen wir André, bekannt aus der Sendung mit der Maus; Copyright: Fotostudio Ale Zea

 

Der Prototyp von Davids Webseite und weitere Informationen finden sich unter https://bio.link/draculademo und vom BWKI unter https://www.bw-ki.de/rueckblick und https://www.instagram.com/bundeswettbewerb.ki/ .

Die Preisverleihung kann auf Youtube angesehen werden (ab 1:02:42 und ab 1:21:20). Auch der NDR hat über Davids Erfolg berichtet und in der Schule einen Beitrag gedreht, auch berichtet RTF.1

 

Im Interview beantwortet David unsere Fragen:

 

HP: Herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen Erfolg! Wie bist du darauf gekommen, an diesem Wettbewerb teil zu nehmen?

David: Der Informatik-Lehrer Herr Moll hat mir vorgeschlagen, dass ich an dem Wettbewerb teilnehme. Dieser Wettbewerb bezieht sich spezifisch auf ein Thema. an dem ich interessiert bin. Im Gegensatz zum Bundeswettbewerb Informatik ist das, was man hier in einem Projekt entwickelt, auf einen direkten Verwendungszweck ausgerichtet. Außerdem trifft man hier auf interessante Menschen, zum Beispiel Professoren, die ich so in Leer nicht getroffen hätte.

HP: Warst du in einem Team oder hast du allein gearbeitet?

David: Ich habe allein gearbeitet. Aber ich habe Unterstützung und Input von Personen bekommen, die nicht programmieren, z.B. beim Plakat-Design, beim Logo im QR-Code und auch bei der Gestaltung des Produkts, so dass dieses auch nutzbar ist, wenn man von Programmieren nicht viel Ahnung hat.

HP: Wie bist du auf genau dieses Thema gekommen? Warum hast du es gewählt?

David: Als ich angefangen habe, habe ich ein Brainstorming gemacht. Ich habe überlegt, was ich persönlich als Schüler hier überhaupt machen kann, z.B. alles mit autonomem Fahren fällt da schon weg. Da ist es bei KI (Künstlicher Intelligenz) wichtig, welche Datensätze man zum Trainieren einer KI nutzt: Im Internet gibt es zwei Kategorien, einmal allgemeine, und dann spezifische zur Medizin. Bei dem medizinischen Thema habe ich mehr Erfolg für mich gesehen, weil das weniger Leute machen. Dann habe ich im Bereich der Medizin weiter geschaut, ich habe einen Bericht von Medizinern gesehen, die nach Afrika gegangen sind, um eine spezifische Krankheit zu untersuchen. Es ging um neonatale Sepsis, also eine Blutvergiftung, die von der Mutter übertragen wird. Die Ärzte haben herausgefunden, dass 20 Prozent der Totgeburten an dieser Krankheit sterben, und das nur, weil man diese Krankheit nicht früh genug erkennen kann. Zur Diagnose muss man Blutbilder machen. Ich habe geschaut, ob schon mit KI solche Blutbilder gemacht wurden, und gesehen, dass diese zwar gemacht werden, aber die Wege, mit denen das gelöst wurde, waren meiner Meinung nach nicht realitätsnah. Und dann habe ich die inhaltliche Idee mit den Blutzellen und die technische Idee zur Umsetzung gefunden.

HP: Hat es lange gedauert bis Du auf die Idee mit der App gekommen bist?

David: Ja, es war lange in meinem Unterbewusstsein. Immer wieder kamen mir Ideen dazu, diese habe ich dann aufgeschrieben. Am Ende habe ich mir dann ein Wochenende genommen, um diese Ideen durchzugucken. Um die Artikel im Internet zu finden, habe ich etwa fünf Stunden gebraucht.

HP: Wie lange hat es gedauert die App zu programmieren? Hattest du noch genügend Zeit für die Schule oder andere Hobbies?

David: Die App zu programmieren, hat relativ lange gedauert. Aber der Wettbewerb war von den Machern so gestaffelt, dass man sich die Zeit in den Ferien nehmen kann. Den meisten Programmieranteil hatte ich in den Sommerferien, in der Zeit habe ich durchschnittlich etwa vier Stunden am Tag daran programmiert und auch noch mehr theoretisch daran gearbeitet. Nach den Sommerferien habe ich an vielen kleinen Sachen herumgetüftelt, deswegen habe ich einige Projekte in der Schule dafür heruntergestuft.

HP: War das stressig?

David: Stressig war es gegen Ende. Ich hatte die Idee ja schon vorher, wollte aber erst programmieren, wenn der Wettbewerb richtig startet. Ich dachte, ein halbes Jahr an so einem Projekt zu arbeiten, das reicht. Aber dann habe ich herausgefunden, dass das absolut gar nicht reicht, und so habe ich am Ende, kurz vor Abgabe, einige Tage mehr als 18 Stunden am Tag programmiert. Programmierer kennen den Fachbegiff dafür, das heißt "Crunching".

HP: War es schwierig für dich, die App zu programmieren? Hat es dir Spaß gemacht?

David: Es hat Spaß gemacht, und es war auch sehr schwierig. Ich habe genau dadurch erfahren, dass das ein passendes Thema für mich ist, denn - egal wie schwer es war, ich habe es trotzdem gemacht.

HP: Wie war es für dich, an so einem Wettbewerb teilzunehmen? Wie war die Zeit in Tübingen?

David: Ich kann mit den anderen Finalisten, die auch in Tübingen waren, die Meinung teilen, dass es sehr viel Arbeit war. Die Zeit in Tübingen hat mir viel Spaß gemacht, es war ein sehr akademisches Umfeld. Die anderen Finalisten haben auch krasse Projekte gemacht, z.B. das Drohnenprojekt, bei dem sie eine eigene Drohne gebaut, sie programmiert und eine Landeplattform gebaut haben. MIt dem Projekt haben sie es in das Bundesfinale von "Jugend forscht" geschafft. Gegen diese zu gewinnen, das war schon krass für mich. Auch wenn ich nicht gewonnen hätte, wäre es ein cooles Erlebnis gewesen, dort zu sein. Auch mit den Juroren zu sprechen war ein einmaliges Erlebnis, einer leitet z.B. das Max-Planck-Institut - es war, wie mit einem Superstar zu reden.

HP: Seit wann programmierst du schon?

David: Meine ersten Programmiererfahrungen habe ich in der vierten Klasse gemacht, ich war in einer Programmier-AG. Als wir dann am UEG mit einer Blockprogrammierung - Scratch - angefangen haben, habe ich herausgefunden, dass die Logik beim Programmieren sehr leicht klappt bei mir. Die KI ist ein großes Unterthema beim Programmieren, in der Schule haben wir auch einmal ähnliches wie KI programmiert, mit den Lego-Robotern im Informatik-Profil. Das war für mich ein prägendes Erlebnis.

HP: Was bedeutet eigentlich "Künstliche Intelligenz"?

David: Das ist eine Anhäufung von Schulmathematik, z.B. Funktionen und Regression, innerhalb eines Algorithmus, mit dem ein Computer komplexe Probleme "eigenständig" lösen kann.

HP: Hast du auch noch andere Interessen abgesehen vom Programmieren? Hast du überhaupt Zeit für andere Hobbies?

David: Natürlich habe ich andere Interessen, ich sitze ja nicht den ganzen Tag lang beim Programmieren, erst wenn es kurz vor Abgabe ist. Ich mache gern aktuell gern Gewichtstraining und ich habe auch Schach gespielt. Viel Zeit für Hobbies bleibt aber nicht, ich muss ja auch Uni-Bewerbungen schreiben und für die sechsstündigen Klausuren lernen.

HP: Was möchtest du machen, wenn du dein Abitur hast? Möchtest du in diesem Bereich bleiben?

David: Eigentlch möchte ich schon in dem Bereich bleiben. Mein "Idol" ist Andrej Karpathy, der hat auch Informatik studiert, auch mit Spezialisierung auf KI. Er hat mir gezeigt, dass ein Informatiker eine Person ist, mit der man reden kann, und dass Informatiker lässig sein können.

HP: Wir bedanken uns für dieses Interview und wünschen dir alles Gute.

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